Es beginnt banal und jeder kennt es vielleicht. Wir brauchen neues Waschmittel, gehen einkaufen, stehen vor dem Regal und sehen den „Wald vor lauter Bäumen“ nicht. Nach welchem Kriterium entscheiden wir uns für das passende Produkt? Nach dem günstigen Preis, der Nachhaltigkeit, der Form und Farbe der Verpackung, die so originell und einzigartig hervorsticht? Überforderung im Alltag. Manch einer wünscht sich bei solch einem täglichen Überangebot zuweilen einen „Tante Emma Laden“ zurück, in dem die vertraute Tante Emma auf unsere freundliche Nachfrage, das einzig verfügbare Produkt auf die Ladentheke legt und wir die Energie und Verantwortung, die in der Entscheidung für das „Richtige“ liegt, einfach in andere Hände legen können.
Zu meiner Zeit der gymnasialen Oberstufe an einem kleinen Dorf-Gymnasium war es wiederum genau diese Vielfalt die mir in der Wahl der Leistungs- und Grundkurse fehlte. Was wäre es schön gewesen, ein Fach zu belegen, was meinem Interesse, meiner Neigung, vielleicht sogar meinem Talent, mehr entsprochen hätte, als die für mich so leidige Mathematik.
Manchmal ist die Vielfalt einem zu viel, manchmal ist sie zu wenig.
Und wie sieht es da in der Bildungsakademie aus, deren Leitspruch in diesen Tagen folgender ist:
Dort ist es schön bunt! Das sieht man nicht nur an den Akademie-Shirts, die sich jede Person in seiner favorisierten Farbe selbst wählen kann. Inzwischen gibt es auch Sweatshirtjacken, Hoodies etc., so dass möglichst für alle etwas dabei ist, was passt, gefällt und dennoch zeigt, dass wir zusammengehören!
Wie bekommt man es nun hin, diese gottgegebene Vielfalt zu würdigen und zu leben? Aus extremem Über-, aber eben auch Unterangebot und extrem wenig oder zu viel Entfaltungsmöglichkeiten im Leben, das jeweilig „Beste“ zu machen? Denn die Vielfalt lebt auch in den Sorgen, Problemen, Aufgaben, Gefühlen und in den Gedanken jedes Einzelnen.
Das Entscheidende ist vielleicht, dass wir bezogen auf den Alltag in der Bildungsakademie bei all der manchmal so verwirrenden Vielfalt und Komplexität von Ausbildungsinhalten für Lernende und Lehrende zweier zweizügigen Ausbildungsgänge (Zungenbrecher!), extremem Zuwachs der organisatorischen Aufgaben und Möglichkeiten in einem vielfach genutzten Schulgebäude, das Einende nicht vergessen:
Wir sind alle nur Menschen, besser: wir sind alle MENSCHEN!
Und welcher Mensch könnte es abschließend besser sagen in dieser gerade weltpolitisch so extremen Zeit als Margot Friedländer als Holocaust-Überlebende, mit welchem Denken „Vielfalt leben“ gelingen kann:
Wir sind alle gleich – es gibt kein christliches, muslimisches, jüdisches Blut. Es gibt nur menschliches Blut. (…) Wir sind Menschen, nichts anderes.“ (Margot Friedländer)
Verena Schilling, pädagogische Mitarbeiterin
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