Bewegt durchs Leben
Online-Unterricht via Teams stand in den letzten Monaten vermehrt auf dem Stundenplan der Lernenden. Es fehlte nicht nur das abwechslungsreiche Akademieleben in Bestwig, sondern anteilig auch etwas Bewegung. Denn nicht nur der Weg zur Akademie reduzierte sich durch das Homeschooling vermeintlich auf innerhäusliche Wege (Bett – Kühlschrank – Badezimmer – Schreibtisch), sondern auch die wohnortnahen Sportangebote konnten in den letzten Monaten nicht in Anspruch genommen werden.
Mangelnde oder monotone Bewegungen dominieren bei vielen Menschen derzeit das Alltagsgeschehen und sorgen vermehrt für Rückenproblematiken. Diese Vermutung wurde durch eine Microsoft Forms Umfrage in den Ergo-Unterstufen bestärkt. Hier gaben 90% der Befragten an, dass Sie täglich 8-10 Stunden in einer sitzenden Position verbringen. Hochgerechnet auf eine 5- Tage Woche ergibt dies eine Stundenzahl von 40-50 Stunden, Tendenz steigend. Einen deutlichen Kontrast stellt die sportliche Aktivität dar, die bei 50% der befragten Lernenden während der Corona Pandemie bei ca. 3 Wochenstunden lag. Dies ist natürlich sehr individuell zu betrachten, kann aber die ebenfalls häufig geäußerten Rückenschmerzen begünstigen.
Untermauert werden diese Ergebnisse durch eine Studie der DAK Krankenkasse, die besagt, dass im Corona-Jahr 8% mehr Arbeitnehmer auf Grund von Rückenschmerzen krankgeschrieben waren. Dies ist im Vergleich zu dem vorherigen Jahr ein deutlicher Anstieg und bedeutet neben Produktionsausfällen in den Betrieben auch steigende Kosten für das Gesundheitswesen.
Mit dem Motto: „Sitzen ist das neue Rauchen“, versuchen verschiedene Kampagnen darauf aufmerksam zu machen, wie schädlich starres, stundenlanges Sitzen für den menschlichen Körper ist. Die angehenden Ergotherapeuten erarbeiten derzeit individuelle Bewegungsprogramme für Arbeitnehmer an Büroarbeitsplätzen. Die Programme sollen ohne Material durchführbar sein, sodass eine Anwendung im Alltag vereinfacht wird und die Übungen in tägliche Routinen integriert werden können.
Doch lässt sich die gesamte Problematik auf die Homeschooling oder Homeoffice-Zeit beziehen?
Nein!
Denn auch vor Corona litten die Menschen unter Rückenschmerzen. Die allbekannten Rückenschmerzen unterliegen multimodalen Ursachen. In den letzten Jahren zeigt sich dies vor allem durch den technischen Fortschritt. Durch sich immer weiterentwickelnde Technologien, zeigen sich signifikante Veränderungen in der Arbeitswelt, aber auch in den privaten Lebensräumen. Kleine Helferlein, wie zum Beispiel der Staubsaugerroboter, sollen uns den Alltag erleichtern. Gleichzeitig nehmen Sie uns stattdessen auch die Bewegung. Kurze Distanzen zu Freunden oder zum Einkaufen werden mit dem Auto bewältigt, da das Wetter gerade nicht so gut ist. Abends liegt man auf dem Sofa und schaut 2 Folgen seiner Lieblingsserie auf Netflix. Folglich fühlt man sich schnell müde und erschöpft, beklagt vielleicht sogar Konzentrationsschwierigkeiten und Kopfschmerzen.
Bereits kleinere Aktivitäten regen nachweislich unser Gehirn und den Körperstoffwechsel an und sorgen für mehr Vitalität (Breithecker, 2018).
Die Lernenden der Unterstufen setzten sich neben dem Erstellen von Bewegungsprogrammen mit der Analyse von rückengerechtem Verhalten auseinander. Ziel ist es, dass die Lernenden nicht nur stupide ein rückengerechtes Verhalten erlernen, sondern auch über rückengerechte Verhältnisse aufgeklärt werden. Hierzu werden Aktivitäten des täglichen Lebens, wie das Sitzen und Gehen, aber auch das Autofahren, das Fahrradfahren oder das Tragen eines Schulranzens unter die Lupe genommen.
Im nachfolgenden Bild sehen Sie die Autositzeinstellung eines Lernenden. Hier wird bei der Analyse besonders auf den Sitzabstand, die Einstellungen von Lenden- und Kopfstütze und die Neigung der Rückenlehne geachtet. Neben dem Bild sehen Sie Veränderungsvorschläge für eine rückenfreundlichere Einstellung des Autositzes.
- Bei durchgetretenen Pedalen sollten die Beine noch leicht angewinkelt sein und das Becken in Kontakt mit der Rückenlehne stehen. > Im Foto ist der Abstand zu groß.
- Das Becken sollte leicht nach vorne gekippt sein. > Im Foto kippt das Becken nach hinten.
- Die Neigung der Rückenlehne sollte nicht größer als 110° sein. > Der Neigungswinkel im Foto ist zu groß, da die Rückenlehne zu weit nach hinten geneigt ist.
- Ist die Wirbelsäule lotrecht und sind Kyphose und Lordose erkennbar? > Die Wirbelsäule ist leicht C- förmig gekrümmt.
- Der Abstand zwischen Kopf und Kopfstütze beträgt ca. 2 cm. > Im Bild ist der Abstand deutlich größer.
- Wird das Lenkrad mit leicht angewinkelten Armen und entspannten Schultern erreicht? > Der Abstand zum Lenkrad ist auf dem Foto deutlich zu groß.
Anhand dieses Beispiels und der angeführten Punkte überprüfen Sie doch mal, ob Ihr Fahrzeugsitz rückenfreundlich eingestellt ist .
Und vergessen Sie nicht in Bewegung zu bleiben ?!
Lea Rüther, Ergotherapeutin
Pädagogische Mitarbeiterin
Quelle:
Breithecker (2018). Gesundheitsrisiko Sitzen?! Zehn erstaunliche Fakten und was wir daraus lernen können. Bundesarbeitsgemeinschaft für Haltungs- und Bewegungsförderung. Wiesbaden.
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