Ergo- und Physiotherapieausbildung (mit Ausbildungsvergütung😃)

„Besinnen“ zwischen Lern- und Prüfungsstress – geht das?

Skulpturgestaltung mit Schwester Maria Ignatia
Skulpturgestaltung mit Schwester Maria Ignatia
Im zweiten Ausbildungsjahr finden für die angehenden Ergo- und Physiotherapeuten(innen) die gemeinsamen Besinnungstage im Bergkloster Bestwig statt. Als die Lernenden ihre Einladungen erhielten, variierten die Reaktionen von Neugier, Neutralität, Freude, Skepsis, Lust- und Lustlosigkeit bis hin zu der Frage, ob es denn überhaupt möglich ist, zwischen dem gewöhnlichen Lern- und Prüfungsstress zwei Tage völlig abzuschalten und ganz bei sich zu sein?!

Unter der Leitung von Schwester Maria Ignatia (SMMP) wurden die Lernenden eingeladen, sich anhand verschiedener Themen und vielseitiger Gestaltungsmöglichkeiten mit der eigenen Person, inneren Wünschen und Bedürfnissen sowie bisher erlebten Ereignissen und bevorstehenden Herausforderungen in ihrem Leben auseinanderzusetzen. Zudem ging es um gemeinschaftliches Erleben im Kurs, um Zusammenhalt sowie die Entdeckung ganz unterschiedlicher Persönlichkeiten.

Ich selbst durfte die Lernenden erstmalig begleiten. Der erste Tag begann mit einem gemeinsamen Körpergebet. Auch diesem Aspekt, den eigenen Glauben zu finden oder zu hinterfragen, wurde ein freier und offener Raum geschenkt. Anschließend folgte eine anderthalbstündige Stillarbeit zum Thema „Perlen des Lebens“, entwickelt von Martin Lönnebo. Hier erhielten die Lernenden die Möglichkeit, sich mit bestimmten Lebensthemen, zum Beispiel der „Ichperle“, „Perle der Gelassenheit“ oder „Perlen der Liebe“ zu beschäftigen und ein eigenes Perlenband zu gestalten. Gerne wurden die Bänder anschließend gezeigt und Gedanken untereinander ausgetauscht.

Der Vormittag endete mit einer Einführung in die (buddhistische) Metta-Meditation. Dies bedeutete nochmals „bei sich zu sein“ und eine gute halbe Stunde im Schweigen zu verbringen. Für manche Lernende und mich eingeschlossen, eine ganz neue Erfahrung. Denn im Vergleich zum „alltäglichen“ Schulalltag, bei dem der lebhafte Austausch im Unterricht zu unterschiedlichen Krankheitsbildern, Muskeln oder Modellen im Vordergrund steht, ging es hier ganz allein um mich, in Stille. Die Gesichter der Lernenden verrieten mir dabei ganz unterschiedliche Eindrücke des Erlebten. Einige waren sichtlich erschöpft, andere hingegen völlig gelöst, endlich wieder reden zu dürfen. Interessant war, dass viele der Lernenden ihren ersten Eindruck, zu viel im Schweigen verweilt zu haben, mit etwas Abstand als durchaus positiv und lehrreich erlebt haben.

Kleine Gruppe in der Natur
Kleine Gruppe in der Natur

Um dem Ganzen Ausgleich zu verschaffen, machten wir uns nach dem Mittagessen auf eine kleine Wanderung. Mitten in der Natur erhielten die Lernenden den Auftrag in Gruppen ein „Land Art-Objekt“ zu gestalten. Der Kreativität wurden hier keine Grenzen gesetzt. Ziel war es, ein gemeinsames Thema aus ganz unterschiedlichen Materialien der Natur zu kreieren. Ich war sichtlich beeindruckt von dem Engagement und den spirituellen Ideen der Lernenden. Im gemeinsamen Austausch erfuhren wir, wie und durch welche Gedankengänge die einzelnen Kunststücke entstanden sind. Von der Natur gestärkt, gingen wir zurück zum Bergkloster.

Skulpturgestaltung, fast fertig!
Skulptur in Bearbeitung
Ein gelungenes Exponat
Ein gelungenes Exponat

Am selbigen Tag erfolgte noch die Vorbereitung auf den, ja man kann sagen, eigentlichen Höhepunkt der Besinnungstage. Dabei handelte es sich um die Gestaltung einer bronzeartigen Skulptur. Schwester Maria Ignatia ist künstlerisch sehr begabt und ermöglichte den Lernenden unter fachlicher Anleitung eine individuelle Skulptur anzufertigen. Die Erarbeitung war aufwendig und benötigte Zeit. Mit großem Engagement stellten die Lernenden sich dieser Aufgabe und die Ergebnisse waren faszinierend. Eine abschließende Vernissage lud dazu ein, die einzelnen Skulpturen anzuschauen und ganz persönliche Hintergründe und Verbindungen zur Skulptur zu erfahren.

Neben dem kreativen Teil bestand auch der zweite Tag aus spirituellen und besinnlichen Momenten. Besonderes Interesse fand dabei das Schreiben eines Briefes an sich selbst oder an eine andere Person. Bei etwas, was in der heutigen Zeit als eher „ungewöhnlich“ gilt, erlebte ich die Lernenden in absoluter Ruhe und Konzentration.
Die abschließende Feedback-Runde ergab, dass bei vielleicht vorherrschender Skepsis ein Einfaches „Ach, ich guck mal, was da zwei Tage passieren wird!“ ausreichte, um für bestimmte Momente abzuschalten und wenn ich mich dann auch noch gezielt darauf einlasse, ganz neue und mir unbekannte Erkenntnisse gewinnen kann.

Von daher absolut lohnenswert! An dieser Stelle ein ganz herzliches Dankeschön an Schwester Maria Ignatia.

Julia Borggrebe
Pädagogische Mitarbeiterin